An einem Freitagvormittag im Sommer des Jahres 1999 machten wir uns auf den Weg.
Wir waren engagiert für eine Firmenfeier im schönen Luxemburg. Ein Bus sollte kommen und uns und die Musiker dorthin befördern und auch wieder zurück. Welch ein Luxus, abgeholt und gebracht zu werden.
Wir, das waren: 1 Lehrerin, 7 Schülerinnen, 1 Begleitperson (sprich: Ehemann) und 6 Musiker. Ein wenig Gepäck war auch dabei, Taschen und Kleidersäcke, Kosmetikkoffer, Kartons mit Leuchtern, Speis und Trank (sprich: Wasser und Saft, Kekse, Croissants und Käsebrote). Die Musiker hatten ihre Instrumente dabei und wir alle eine Menge guter Laune.
Diese wurde jedoch sofort auf die Probe gestellt. Der Bus war für 15 Personen gedacht. Ohne Stauraum! (den gibts erst ab 30 Personen.) Der Busfahrer hat es nicht anders gewußt und so mußten die Musiker (die schon eine Fahrt von Berlin nach Köln hinter sich gebracht hatten) in ihrem eigenen Kleinbus hinter uns herfahren.
Alles wurde verstaut und los gings. Ich hatte ein leichtes zitronengelbes Sommerkleid an und bekam alsbald kalte Füße. Kein Problem, hatte ich doch warme Socken und Legwarmers passend zur Trainingskleidung eingesteckt. Diese war shocking pink. Und so saß ich dann dort in dieser doch etwas schrillen Farbkombination, aber mit warmen Füßen. Wir hatten uns ein wenig verspätet (irgendwer hatte irgendwas vergessen) und mußten in Luxemburg nach dem Weg fragen, denn eine vernünftige Wegbeschreibung gab es nicht. Aber nach mehreren Kontakten mit freundlichen Einheimischen, diversen Telefonaten dank reichlich vorhandener Handies schafften wir es doch. Ich erntete ein wenig Heiterkeit und verblüffte Blicke auch von den Musikern, als ich dem draußen mit einem Passanten verhandelnden Busfahrer sein klingelndes Handy brachte: nein, diese Farben!
Schließlich kamen wir in Mondorf an und fanden auch das Parc-Hotel. Eine wunderschöne Anlage, die Sonne schien und wir konnten mit den Bussen bis zu der Stätte unseres Wirkens fahren. Es sollte für die Herren Manager (nur ein paar Damen waren dabei) ein Abendessen in der Orangerie geben (dort hing der prachtvollste venezianische Kristall-Leuchter, den ich je gesehen habe und die Menukarte ließ mir das Wasser im Munde zusammenlaufen) und danach in dem nebenan auf einer Wiese (na ja, es war eher ein Acker) aufgebauten Zelt das Dessert. Dieses stand unter dem Motto "Köstlichkeiten aus tausend und einer Nacht" und auch wir fühlten uns irgendwie zum Nachtisch gehörend.
Das ganze Zelt war wunderbar orientalisch dekoriert (eigentlich war es noch nicht ganz fertig, wir konnten aber ahnen was es werden sollte). Man versprach, uns eine Art von Garderobe rechts oder links von der Bühne einzurichten, abgetrennt durch schwarzen blickdichten Vorhang-Stoff, genannt Molton. Am liebsten rechts, da hatte man auch schon vorsorglich ein Heizungsgebläse installiert (es wurde abends doch ein wenig kühl) und uns rührte diese Fürsorge. Es war sogar eine Bühne vorhanden, groß genug für uns und die Musiker, so ca. 40 cm hoch und mit Tanzboden belegt! (Dabei hatten wir alle Tanzschläppchen eingepackt!) Unsere Bühnendekoration, ein riesiger Prospekt von 14 mal 6 Metern lag bereit, doch was war das? Das Zelt bestand im Prinzip aus 4 aneinandergestellten Zelten, die jeweils auch eine zeltförmige Form hatten. In der Mitte an den 4 höchsten Stellen war es wohl 5 m hoch, zu den Seiten verjüngte es sich zu knappen 2 m! Leuchtertanz? Gestrichen! Hin und her flogen die Ideen, ganz weglassen, Kerzen nicht anzünden, vor der Bühne tanzen, vielleicht doch irgendwie in der Mitte .... nein, es wurde alles verworfen. Wir einigten uns darauf, die Leuchter mit brennenden Kerzen am vorderen Bühnenrand aufzustellen und in der Ansage einfach darauf hinweisen, das wir kein Feuer legen wollen.
Inzwischen war der Bühnen-Prospekt aufgehängt und es sah doch ein wenig merkwürdig aus: Auf diesem Prospekt ist eine Art Orientalischer Hof aufgemalt, üppige goldene Draperien und ein geschwungenes Tor von ca. 5 m Höhe. In der Mitte befindet sich ein Durchgang, sprich: ein Schlitz im Vorhang, durch den wir Tänzerinnen bei dem einen oder anderen Tanz hereinkommen. Dieses prachtvolle Teil mußte auf 3 m Höhe aufgehängt werden. Also entweder oben oder unten was abschneiden. Man hatte sich für unten abschneiden entschieden (natürlich nicht wirklich abschneiden, nur hängen lassen und nach hinten wegklappen) und durch dieses Portal konnte man jetzt nur kriechend hindurchkommen. Wovon wir jedoch Abstand nahmen, denn das hätte den Tänzen doch ein wenig die Eleganz genommen!
Da die Dekoration noch fertiggestellt werden musste, sind wir auf einen Kaffee und ein Eis losgezogen und haben ein wenig die Sonne und die Ferienatmoshäre genossen.
Jetzt ging es an den weiteren Ablauf der Veranstaltung: für uns war ein Abendessen geplant für 18.30, Die Show sollte zwischen 21.00 und 21.30 Uhr beginnen und für nachher wurde uns ein kalter Imbiß versprochen. Wir versuchten, das Abendessen vorzuziehen, denn mit vollem Bauche tanzen, ihr kennt das ja. Es wäre ein ganz leichtes Essen, Spaghetti und ein wenig Salat. Uns lief das Wasser im Munde zusammen: Spaghetti im Parc-Hotel in Mondorf in Luxemburg! Jedenfalls mir, denn ich liebe italienische Küche.
Die Musiker bauten ihre Instrumente auf, die Zeltbauer dekorierten das Zelt fertig, es wurden Korbstühle und -Tische gebracht, auch Kamelhocker und Sitzkissen, Wasserpfeifen, Kerzenbeleuchtung, Vasen und Schalen, das gesamte orientalische Sortiment. Das Licht wurde eingerichtet und der Ton ausgerichtet, in der nächsten Zeit wuselten ganz viele Leute umher und taten ihr Möglichstes, um dieses Durcheinander zu einem Traum aus tausend und einer Nacht werden zu lassen.
Wir sollten mit den Musikern proben, sobald die fertig sind, haben uns eben schnell die Nägel lackiert ( die Gelegenheit nutzend, wer weiß wie lange das dauert) wußten immer noch nicht, ob rechts oder links (die Garderobe sein würde) und sollten dann auspacken, um die Schleier und Tambourine griffbereit zu haben (und die frischlackierten Fingernägel?)
Wie, ihr wollt 2 Umkleiden haben? Könnt ihr nicht mit den Musikern zusammen ..... Nein, können wir nicht! Also gab es 2 Umkleiden, und man konnte praktischerweise hinter der Bühne von einer zur anderen gelangen. Einen Ausgang aus dem Zelt hatte unsere Garderobe auch, aber da hat netterweise jeder höflich angeklopft. Dann wollten wir noch einen Tisch haben, einen Spiegel, Stühle vielleicht und eine Möglichkeit, Kleiderbügel aufzuhängen, auch ein Licht wäre von Vorteil .... Alles wurde gebracht und installiert und es wurde zunehmend enger. Der Kleiderständer war 2 m breit und es hingen ca. 70 Kleiderbügel dran. Nett gemeint, jedoch die hatten wir selber (besser zuviel mitgeschleppt, wo gibts schon Kleiderbügel?). Also wohin mit den Dingern? Einfach von hinten unter die Bühne geschubst, da lag schon allerhand überflüssiges Zeugs herum und von vorne war alles mit orientalischen Stoffen zugehängt. Die Leuchter hatten wir eh schon bei den Musikern untergebracht, die hätten bei uns gar nicht mehr reingepaßt.
Jetzt hieß es also: proben. Es waren 10 Tänze geplant, zwischen 3 und 12 Minuten lang, immer abwechselnd: unsere Lehrerin tanzte ein Solo und wir einen Gruppentanz hinterher. Das Ganze war eine Reise durch den Orient, von der pharaonischen Zeit über die höfische zur modernen Bauchtanz-Interpretation und als Abschluß der immer wieder gern gesehene Leuchtertanz, diesmal mit ohne Leuchter auf dem Kopf. Die Zusammenarbeit mit den Musikern klappte hervorragend, sie wollten von den 10 Tänzen 6 Stücke spielen. Diese hörten sich prima an, sie waren sehr gut vorbereitet. Man muß wohl immer drauf gefaßt sein, das die Geschwindigkeit nicht ganz hinhaut und das irgendwelche Anschlüße oder Akzente ein wenig anders kommen. Ist halt Live! Nur das Gruppen-Trommelsolo in unseren 10-Minuten-Stück konnten sie noch nicht. Wir machten uns darauf gefaßt, das es ganz wegfällt oder vielleicht schaffen sie es doch noch (sie schafften es, es sei schon verraten!).
Zwischendurch kam die Aufforderung, jetzt seien die Spaghetti bereit, dazu müssen wir mit dem Bus ganz nach vorne ins Parc-Hotel fahren. Wir waren zuerst völlig verwirrt: nach vorne fahren? Welch ein Umstand! Kann das vielleicht hierhergebracht werden? Nein, das ging nicht, es wäre ja noch umständlicher gewesen.
Wir haben zunächst die Probe beendet, haben dann noch ein wenig hier geräumt und da sortiert und dann haben wir mit den Musikern das Trommelsolo geprobt. Die hatten sich das inzwischen in ihrem Bus auf Kassette angehört und trommelten teilweise auf dem Autoblech, in der Luft oder doch mit einer echten Trommel in der offenen Bustür. Und wir standen mit Tanzschläppchen auf der Wiese vor dem Bus und haben getanzt. (Nein, es gibt leider kein Foto, aber das Trommelsolo klappte hervorragend!)
Dann sind wir los zum Essen fassen. Auf dem halben Wege kam unser Bus nicht mehr weiter, denn vor der schmalen Durchfahrt mir der Schranke standen 3 große Busse: die Herren Manager kamen an und uns entgegen. Wir hatten also Gelegenheit, das wunderschöne Gelände zu Fuß zu erkunden. Im Parc-Hotel trafen wir einen gedeckten Tisch an mit Mineralwasser (lechz!), Brötchen und geriebenem Käse und dann kam ein etwas eiliger Kellner und stellte jedem einen Teller mit Nudeln hin. Spaghetti waren es nicht, Bucatini waren es, wußte jemand. Dann kam Salat und wir waren etwas unsicher: Nudeln ohne was? Nur mit ein wenig Petersilie bestreut und Käse? Sollte der Veranstalter am Catering sparen wollen? Aber dann erhielten wir doch mehrere Schüsseln mit Tomatensauce. Das Ganze schmeckte nicht schlecht und wurde zum größten Teil hungrig verputzt. (Ehrlich gesagt, al dente waren die Nudeln nicht und eigentlich war alles lauwarm). Es gab keinerlei Möglichkeit, etwas anderes zu bestellen und mir war inzwischen auch die Eile des Kellners klargeworden: es war kurz nach 20.00 Uhr, also hatten wir unseren Zeitplan doch ein wenig überschritten und für ihn war jetzt Haupt-Geschäftszeit, die restlichen Gäste des Restaurants verlangten ebenfalls nach seinen Diensten.
Wir wanderten zurück und wurden wurden Augenzeuge eines Unfalls: Unser Bus fuhr ein Stück rückwärts und der Fahrer hat wohl den Bus der Musiker hinter sich gesehen, jedoch nicht die geöffnete Heckklappe. Diese Klappe zielte genau auf das rückwärtige Fenster des Busses und bevor wir noch rufen konnten, war es passiert: Fenster kaputt und Heckklappe verzogen! Ich weiß nicht, wie die Musiker die Tür zugekriegt haben (vielleicht geklebt? Heißkleber eignet sich für vieles!).
Wir kamen in das mittlerweile piccobello hergerichtete Zelt und sahen dort doch einen dienstbaren Geist die Bühne wischen. Wir waren begeistert, denn die durch viele Füße hereingetragenen Erdkrümel (eine vornehme Umschreibung für die Ackerboden-Klumpen) und Fußabdrücke fanden wir, da wir barfuß zu tanzen gedachten, überflüssig.
Wir sicherten uns noch eine Kiste Mineralwasser für jede Umkleide und dann haben wir versucht, unsere Sachen auszupacken. Soll heißen: die meisten Kostüme wurden aufgehängt und der Rest blieb in der Tasche, geordnet nach Reihenfolge der Tänze: obenauf die Zutaten für den ersten Tanz usw. Auch Schmuck und Schmink-Utensilien wurden so weit es ging, bereitgelegt. Wir bereiteten uns darauf vor, um 21.00 Uhr geschniegelt und gebügelt bereitzustehen. Da wir nur eine Halogen-Lampe hatten, mußten die außerhalb des Lichtes sitzenden Frauen sich schminken, solange es hell war! Gottseidank bestand die Zeltwand aus weißem Tuch und es war dadurch noch hell genug. Wir pinselten und strichelten, spachtelten und puderten und verwandelten uns so allmählich von ganz normal aussehenden Frauen in wunderschöne glutäugige, wohlriechende Wesen mit blutroten Lippen und zartrosa angehauchten Wangen. Hier und da tauchte bereits eine Pharaonin auf, denn der erste Tanz sollte ja ein pharaonischer werden.
Wo war nochmal die Toillette? Eine wusste Bescheid: man musste aus der Garderobe einfach hinten raus, über den Acker und dann 2 x linksrum, an den Tennisanlagen vorbei, dort fand sich die gesuchte keramische Einrichtung, jedoch der Lichtschalter .... grübel .... dafür jedoch war Toillettenpapier vorhanden!
Dann kam die Nachricht: die Show beginnt erst gegen 23.00 Uhr! Großes Entsetzen in der Runde! Das können die uns doch nicht antun! Doch, sie konnten und wir fügten uns, denn das Essen hatte sich bereits verspätet und es gab noch eine Art von musikalischer Untermalung (wir hörten eine Blaskapelle!) und wir konnten die Herren Manager ja schlecht von ihrem Hauptgang wegreißen. Also hieß es: warten, wir hatten genug Zeit, die Perücken richtig zu befestigen (die Haare darunter waren dann endgültig zerdrückt) und uns in aller Ruhe umzuziehen.
Wir sind ein wenig im wärmeren Zelt herumgeschlendert wärmer, haben mit den Musikern geplaudert oder mit einigen Fotografen, die vorher ein paar Schnappschüsse machen wollten. Die Zeit verging, das Dessert-Bufett wurde aufgebaut und dann hieß es tatsächlich: es geht los!
Alles wuselte hin und her, wir in unsere Garderobe, die Musiker zu ihren Instrumenten, die Licht- und Tonmenschen zu ihrem Mischpult. Das Zelt füllte sich mit den Herren Managern und die saßen dann auch ganz erwartungsvoll vor der Bühne und harrten der Dinge, die jetzt kommen sollten. Wir machten ein paar Dehn- und Streckübungen, unsere Lehrerin die Ansage (mal eben schnell in englisch, gar kein Problem) und der erste Tanz begann. Danach mußte ich unserer Lehrerin den Reißverschluß öffnen für ihren raschen Kostümwechsel, da ich als letzte für den nächsten Tanz rausmußte. Es klappte auch, jedoch fing unsere Musik schon an, als ich noch auf der zweiten Stufe war und die anderen auch noch nicht ganz in Position. So gelang der eigentlich sehr dramatische Auftakt mit den 8 Paukenschlägen nicht so ganz, wir stolperten doch ein wenig ungeordnet auf die Bühne (aber das wir dafür laute Lacher ernteten, war dann doch die Höhe!). Der restliche Tanz war recht gut. Dann umziehen für den nächsten Tanz, in nur 8 Minuten! Also Perücke runter (und die zerdrückten Haare? Na, halt irgendwie hinzaubern! Fön war vorhanden, jedoch hatten wir keinen Strom!) raus aus dem und rein in das, du meinen und ich deinen Reißverschluß zuziehen, Gürtel, Schleierchen, Hütchen, Schmuck, Schläppchen, Tambourin und ein Teil von uns mußte rüber auf die andere Seite. Einmal tief Luftholen und da kam auch schon unsere Musik. Für mich war auch dieser Tanz OK, wieso nur ernteten wir bei der Verbeugung Pfiffe? (Nein wir sind nicht ausgepfiffen worden, es war eher so eine Art von Bauarbeiterpfeifen, wenn ihr wißt, was ich meine! Das sollten Manager sein?) In der Umkleide stellten wir nachher fest, das einer von uns der rückwärtige Reißverschluß an dem kasack-ähnlichen Oberteil fast komplett aufgegangen war und das gute Stück wäre ihr fast von den Schultern gerutscht! Manchmal führen diese Haken und Ösen ein Eigenleben und obwohl man genau weiß, das man sie zugemacht hat, sind sie nachher doch offen! Vielleicht galten ja die Pfiffe diesem sehr tiefen Rücken-Dekolleté?
Weiter gings im Programm, aber da gab es plötzlich eine Unterbrechung: es mußte jetzt eine Pause geben, damit der Nachtisch auch verzehrt werden konnte. Verflixt noch eins, können die sich das nicht früher überlegen? Nun gut, wir fügten uns wieder. Unsere Lehrerin war recht froh, hatte sie doch jetzt genug Zeit, sich in aller Ruhe umzuziehen. Wir auch, wir packten dieses schon ein und legten jenes parat, tranken einen Schluck Wasser, puderten nochmal über die glänzende Nase, zogen den Lippenstift nach und verschnauften. Plötzlich hörten wir unsere Auftrittsmusik vom ersten Tanz in voller Lautstärke! Sollte das die Pausenmusik sein? Wir haben sofort unseren "Verbindungsmann" nach draußen beauftragt, dieses abzustellen. Was auch geschah, dafür erscholl die Musik unseres zweiten Auftrittes, diesmal allerdings leiser. (Na ja, wenigstens waren die Kassetten zurückgespult!) Wir cancelten auch diese Musik, es hatte tatsächlich niemand da draußen an eine Pausenmusik gedacht. Das wurde dann auch den Herren Managern bewußt und sie fingen an, selber zu singen. Wir waren ein wenig überrascht, aber vermutlich wollten sie nur ihrer doch schon leicht erhöhten Lebensfreude Ausdruck verleihen.
Nach der Pause haben die Muiker erstmal ein kleines Stück gespielt, damit die Herren Gelegenheit hatten, wieder in das Zelt hineinzukommen. Gut mitgedacht! Ein großer Teil von ihnen blieb allerdings draußen.
Mir hat unser nächster Tanz richtig Spaß gemacht, wir haben sogar die Herren Manager zum Mitklatschen bewegen können. Dann kam die Stelle mit dem Trommelsolo - und irgendwie war es noch nicht ganz perfekt: anstelle von jeweils 4 Wiederholungen spielten die Musiker nur 2! Wir kramten in unserer Routinekiste, klebten das Lächeln im Gesicht fest und versuchten, uns wacker zu schlagen. Es gelang einigermaßen, wir trafen allesamt das Ende vom Trommelsolo (uff!) und das Finale hintendran war prima. Dann kam das Solo von unserer Lehrerin, währenddessen wir unsere weißen Kostüme anzogen, den passenden Schmuck, vielleicht ein Haarschmuck oder Armstulpen, nochmal mit der Bürste durchs Haar, ein Blick in den Spiegel und los gings auf die andere Seite der Bühne. Dort hatten gute Geister die Kerzen der Leuchter inzwischen angezündet (hier ein Dank an den mitgeführten Ehemann, er war immer zu Stelle und hat uns sehr gut unterstützt) und wir warteten auf das Ende des Live-Trommelsolos unserer Lehrerein. Es kam gut an, der Applaus war recht ordentlich. Wir platzierten die Leuchter am vorderen Bühnenrand, sind wieder ab in die Kulisse und der Tanz begann. Ist schon komisch: Leuchtertanz ohne Leuchter! Na egal, die Schwarzlicht-Lampen brannten, jedoch das gesamte restliche Licht auch. Das verringerte natürlich etwas den Schwarzlicht-Effekt, aber wir lächelten nett und tanzten leichtfüßig wie Elfen.
Dann war auch das geschafft, wir blieben zu einem 3-minütigen Drehtanz unserer Lehrerin auf der Bühne, dann kam das Übliche: Finalemusik mit Verbeugung, Applaus, Vorstellung der Tänzerinnen und Musiker, jemand kam mit einem Blumenstrauß und Dankesworten auf die Bühne und fertig.
Geschafft! die Herren Manager verließen das Zelt, wir stiegen aus dem letzten unserer Kostüme und bemerkten jetzt doch eine leichte Erschöpfung.
Plötzlich stieg mir ein Gestank in die Nase, als ob ein Kabel schmort. Neben mir stand ein Mischpult für das Licht. Ich nahm ein paar meiner Sachen zu Seite, es stank immer mehr, plötzlich sah ich irgendwo Qualm und wir waren jetzt doch im Zustand aufsteigender Panik: eine Garderobe voller sehr mangelhaft bekleideter Frauen, und es qualmt in einer Ecke! Eine rief: Feuer! und das erheiterte mich irgendwie. (Ich sah uns schon, so wie wir waren, mit einer Tasche vorm Bauch und barfuß aus dem Zelt auf die Wiese rennen zur Freude der sehr lebensfrohen Herren Manager ....). Wir haben dann bemerkt, das die einzige Halogen-Lampe qualmte, haben diese ausgeschaltet und der Gestank ließ rapide nach. Unser Verbindungsmann nach draußen steckte den Kopf rein, aber die Gefahr war ja vorbei (selbst ist die Frau!). Und so haben wir uns in einer Art von Dämmerlicht weiter angezogen und unsere Sachen gepackt. (Im nachhinein stellte sich heraus, das es mitnichten gebrannt oder geschmort hat, aber wenn ein Insekt oder Nachtfalter in die Nähe einer solchen heißen Lichtquelle kommt (Motten umschwirrn mich ....), dann verbrennen sie und das stinkt recht heftig. Aha, wieder etwas gelernt).
Wir packten ein und den Bus voll, sammelten alles auf was aufzusammeln war, die leeren Flaschen brav in die Kiste und den Müll in eine Tüte.
Dann räuberten wir ein wenig am Dessert-Bufett. Oh, diese Mousse au Chocolat, dieser Reispudding und probier mal das Törtchen! Diese Creme dort ist vorzüglich und womit sind diese Muffins gefüllt?
Das habe ich am nächsten Tag beim Frühstück festgestellt, denn ich steckte mir einfach 2 davon in meinen Leuchter-Karton!
Es gab einen kleinen Plausch mit der Technik, hier eine kleine Rechtfertigung für daneben gegangenes und dort ein Schulterklopfen für Richtig gemachtes (Lautstärke war OK und alles in Allem hatten wir doch einen recht guten Job hingelegt).
Währenddessen wurde sowohl das Bufett als auch die Inneneinrichtung sowie eigentlich das komplette Zelt abgebaut. Dieses wurde am nächsten Tag in Köln benötigt.
Man wurde gebeten, doch mal kurz aufzustehen und schwupp! war der Korbstuhl weg. Der Tisch auch, die Bänke verschwanden, es waren keine Teller mehr da (aber ganz viel Mousse au Chocolat, wie also essen?) und wir sollten doch noch einen Imbiß kriegen. Dazu sollten wir rüberkommen in die Orangerie. Wir gingen zu zweit mal schauen, ob da schon was zu sehen war, aber es gab noch nix zu sehen. Das Service-Personal räumte und fegte und war genauso geschafft wie wir. Nein, uns dauerte das alles zu lange (es war inzwischen 2.00 Uhr), wir wollten nur noch nach Hause, vielleicht können sie uns das Essen irgendwie einpacken? Nein, geht nicht, es gibt nix zum einpacken. Na dann halt nicht, wir haben ja noch Käsebrot und Kekse.
Und dann ging es doch, wir bekamen einen Karton mit lauter Alufolie-Päckchen und haben uns sehr bedankt. (Woher hat unser Verbindungsmann bloß die Alufolie organisiert?) Das Essen haben wir dann im dunklen Bus mit den Fingern gegessen, es gab Schinken und Lachs, eine kleine Tarte und Salat und es war eigentlich sehr lecker (was unsere Vegetarier dazu meinten, weiß ich allerdings nicht).
Die Musiker waren ein wenig verlegen, weil das Trommelsolo nicht ganz hingehauen hat, aber wir haben sie sehr gelobt für ihr Spiel, die waren wirklich gut. Wir aber auch, sagten sie, das Trommelsolo hätten wir recht gut hingepfuscht, es ist kaum aufgefallen! Danke, Kollegenlob freut einen immer sehr.
Wir enterten den Bus und warteten. Ich zog mir wieder meine warmen Socken und Stulpen an.
Unsere Lehrerin würde jetzt abrechnen und dann gleich mit der Gage kommen.
Es dauerte und dauerte und dann kam sie.
Aber ohne Gage!
Wir wußten nicht, was wir dazu sagen sollten.
Der Veranstalter hatte sich kurz vor Ende der Show aus dem Staube gemacht!
Mein Galgenhumor brach sich Bahn: vermutlich war er einfach müde oder es war ihm schlecht geworden oder er hatte schlicht und einfach nur vergessen, das er noch Gage auszahlen wollte, so mußte es sein! Jedenfalls war heute nacht nichts mehr zu machen.
Uns war inzwischen alles egal, wir wollten nur noch nach Hause. Die eine oder andere mußte am Samstag arbeiten und wir alle waren kaputt und müde.
(Aber den Herrn Veranstalter haben wir in Gedanken recht kräftig durch die Mangel gedreht ..... )
Die Fahrt nach Hause startete gegen 3.00 Uhr und ging recht reibungslos. Wir versuchten zu schlafen oder dösten wenigstens, mit zunehmender Helligkeit wurden wir immer wacher. In Köln waren wir so kurz nach 6.00 Uhr, dann das eigene Auto herbeiholen (kein Knöllchen, Jubel!), das Gepäck umladen und ab nach Hause. Ich hatte nur 30 Minuten Heimweg und fand auch gleich einen Parkplatz (wenigstens das!).
Dann ausladen, hochschleppen, auspacken, aufhängen, abschminken, heiß duschen (eine Wohltat für Nacken und Rücken!).
Ich setzte mich noch kurz in die offene Balkontür, knabberte die Reste aus dem Essens-Paket, hörte den Vögeln beim Zwitschern zu und ließ dieses Erlebnis Revue passieren.
Eignet sich hervorragend als Kurzgeschichte, dachte ich.
Kurz vor 8.00 Uhr lag ich endlich im Bett.
2 ½ Stunden später weckte mich das Telefon und ich hörte die Stimme einer Freundin: hoffentlich habe ich dich nicht geweckt, ich habe extra lange gewartet, ich weiß ja, das Du gern lange schläfst ......
Nachtrag: wir haben unser Geld bekommen!
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